stay as you wish

 

“Und wie geht’s dem Visum?”

FAQ & A

 

Chronologie einer Illegalisierung

Afzaal Deewan kam als Asylwerber, sowie u.a. Koch und Cricketspieler, im April 2004 aus Pakistan nach Österreich. Ein Jahr später war er in dem Land, von dem er vorher nur einen Reiseführer “Vienna” kannte, verheiratet, mit Natalie Deewan, und Co-Geschäftsführer eines eigenen Lokals, des Wiener Deewan.

Der Asylantrag lief unterdessen weiter, Deewan war sich seiner Sache sicher. Nach dem negativen Asylbescheid in erster Instanz im Herbst 2005 beschloss er, statt auf den ungewissen Ausgang des Verfahrens in zweiter Instanz zu warten, eine Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger zu beantragen, schließlich war er seit über einem halben Jahr mit einer Österreicherin verheiratet. Dazu, hieß es von Seiten der Behörde, müsse der Asylantrag allerdings zurückgezogen werden. Den Bedenken, dass er damit in der Zwischenzeit über keinen gültigen Aufenhaltstitel verfüge, wurde noch im November 2005 entgegengehalten, der Antrag sei ja gestellt und gelte bis zur Erteilung als Nachweis des legalen Aufenthalts.

Zwei Monate später, am 1. Jänner 2006, trat das Fremdenrechtspaket 2005 in Kraft. Der Antrag war nach wie vor nicht entschieden, das Magistrat vertröstete. Erst Monate später stellte sich heraus, dass das neue Gesetz für Alt-Anträge keinerlei Übergangsfristen vorsah, was für Deewan und rund 1000 weitere Personen bedeutete, mit Jahreswende illegalisiert im Land zu sein. Jeder bereits gestellte Antrag sollte nun neu, und zwar aus dem jeweiligen Herkunftsland (ein Land also, aus dem Asylwerber ja gerade geflohen sind), gestellt und auch dort abgewartet werden. Gleichzeitig musste in Österreich ein Mindesteinkommen von rund 1090 € netto nachgewiesen werden.

Wäre Afzaal Deewan also dem Wunsch des neuen Gesetzes gefolgt, hätte er für eine nicht absehbare, jedenfalls aber längere Zeit (zwischen 6 Monaten und 1 Jahr) sein eben erst aufgebautes Lokal wieder schließen, die (damals 11) Angestellten entlassen, nach Pakistan ausreisen, von dort aus die Bearbeitung seines Antrags abwarten und sich dann sagen lassen müssen, dass er nun aber leider kein Einkommen vorzuweisen hat.

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Option B: abwarten, Chai trinken. Wir warteten lange und führten in dieser Zeit zahlreiche, öffentliche Gespräche:

Im November 2007 beendete schließlich die Ausrufung des Ausnahmezustands durch Pervez Musharraf in Pakistan den prekären Aufenthaltszustand von Afzaal Deewan in Österreich: die Reisewarnung für Pakistan eröffnete die Möglichkeit, die Inlandsantragsstellung aus humanitären Gründen durchzusetzen – wodurch die Dokumente, die seit 2 Jahren am Wiener Magistrat vor sich hin ruhten, nun plötzlich am selben Schreibtisch abgestempelt werden konnten: eine Sensation!

Seit Ende 2007 ist Afzaal Deewan also tatsächlich Inhaber nicht nur eines Lokals, sondern auch eines Aufenthaltstitels, der anfangs jährlich, mittlerweile 3-jährlich verlängert werden kann, und zwar aus Österreich – und solange das Einkommen passt.

Für all jene, denen nicht “glücklicherweise” das Unglück ihres Herkunftslandes aus der fremdenrechtlichen Pattstellung hilft, hat sich nichts geändert: eine Fremdenrechtsnovelle jagt die nächste, der jüngste Streich verlangt u.a. neue, bessere, höhere Sprachkenntnisnachweise, D1 ohne B1 hat also nie Chance auf einen Daueraufenthaltstitel in Österreich.*

Wenn jemand einfach so dableiben will, soll man schon ein bisschen LEISTUNG verlangen dürfen, nicht?

 

 

* Update 2013: B1 in der Tasche – doch das trägt dich nicht über den Ärmelkanal …      Eine Woche London hat die UK Border Agency für Pakistanis ohne Daueraufenthaltstitel offenbar nicht im Programm: “… this leads me to doubt that you are a genuine visitor or that you will leave upon completion of your proposed visit.” (Refusal of Entry Clearance / UK, 16.4.2013, refusal fee: 350 €)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Update 2015: Nach knapp 11 Jahren Österreich bekam Afzaal Deewan am 23.2.2015 einen Daueraufenthaltstitel ausgehändigt. Eingetauscht wurde das Karterl gegen Vorlage von

  • Pass
  • Meldezettel
  • Mietvertrag
  • Versicherungsnachweis
  • Nachweis über Absolvierung der Deutschprüfung auf dem Niveau B1
  • Einkommenssteuerbescheid 2013
  • Unbedenklichkeitsbescheinigung [= keine Schulden] des Finanzamts von A. Deewan, N. Deewan und Deewan KG

weiters folgende “nachzureichende Unterlagen”:

  • Einkommensbescheid von 2013 Ihrer Gattin
  • Nachweis über Rückzahlung bei der SVA von Deewan Muhammad Afzaal [es besteht ein Dauerauftrag]
  • Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt, ob ein Zahlungsrückstand besteht von Ihrer Gattin [es besteht keiner]
  • Gewerbeschein von Deewan Muhammad Afzaal und seiner Ehefrau [!]
  • Einzahlungsbeleg der letzten Monatsmiete
  • Auszug vom Kreditschutzverband 1870, Adresse: Wagenseilgasse 7; 1120 Wien. ggf. Bestätigung der Ratenhöhe von Ihnen und Ihrer Ehefrau
  • Schriftliche Bekanntgabe ob Sie mit Ihrer Ehefrau eine gemeinsame Firma haben [ ... oder etwa nicht]

 

Visa Ahoi! Permanent resident mubarak! Wohl bekomm’s!

 

 

P.S.: Auf Anfrage des Wirtschaftsblatts*, welche VISIONEN denn Unternehmer_ für den (Wirtschafts)standort Österreich und die kommenden 10 Jahre hätten, reichten D1 & D1 (blattliniengetreu reduziert auf den männlichen Einzelunternehmer) folgende Protestnote ein.

*Visionen für den Standort Österreich, Sonderbeilage Wirtschaftsblatt 25. Mai 2011

 

Mehr Informationen zum Fremdenrecht und seinen Folgen für binationals bietet die Initiative  > > >  Ehe ohne Grenzen

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